Platznotizen zum Thema Jugendarbeit in der Gemeinde
3. Dezember, von 10 bis 12, in der Bodega Español mit insgesamt 18 Menschen: Vertreterinnen der Mojuga, Gemeinderätin für Soziales, Gemeindeschreiber, Vertreterinnen von Jungwacht, Blauring, Evangelische Jugendarbeit, Monterana VertreterInnen, Elternberaterin, Mütter, eine Nonna und ein Interessierter.
· MOJUGA beschäftigt 50 MitarbeiterInnen, welche als regionale Jugendbeauftragte den Leistungsauftrag umsetzen. Dieser ist in den 17 Gemeinden, welche sie beauftragen, sehr unterschiedlich und wird auch den unterschiedlichen Gegebenheiten und Befindlichkeiten angepasst. Existiert seit 30 Jahren.
· Auf der Homepage sind vielfältige Informationen und auch Elternratgeber einsehbar. Auch telefonische Beratungen für Eltern und Fachpersonen, sowie die Vermittlung von Fachberatungen oder Weiterbildungsmöglichkeiten, gehören zum Angebot.
· Lukas Galli ist Jugendarbeiter auf dem Platz und war früher im Thurgau und im Jugendsekretariat in St. Gallen tätig.
· Catarina Eisenring ist Gemeinderätin im Geschäftsfeld Soziales und ist zusammen mit Beat Stark, Gemeinderatsscheiber zuständig für die Leistungserhebung, Berichtung und Erhebung der Indikatoren. Bilden Steuergruppe mit den MOJUGA – VertreterInnen, treffen sich zweimal im Jahr.
· Weiter waren interessierte Eltern und Menschen, die in Jugendorganisationen tätig sind, anwesend.
· Angebote im Dorf: Treffmobil an Abenden, offene Turnhalle WE, Projektbegleitung von Jugendlichen z.B. Halloweenparty, Veranstaltungen und Ausflüge. Anfangs war es wichtig überall im Dorf unterwegs zu sein und mit verschiedenen Menschen zu sprechen und zu beobachten. Im Sinne eines Ethnologen.
· Einen Jugendraum gibt es in Degersheim noch nicht. Soll der ehemalige Raum wieder eröffnet werden und von den Jugendlichen selbst gestaltet werden? Der Raumbedarf ist da, nicht nur im Winter und nicht nur baulich. Auch sonst wünschen sich die Jugendlichen Freiraum, den sie mitgestalten können. Räume ohne Vorgaben und Konzept. Dies findet eigentlich nur in den Familien statt und könnte ein Feld sein für die Jugendarbeit.
· In Degersheim sind die meisten Jugendlichen in Vereine eingebunden und auch die Schule deckt vieles ab. Jugendliche, welche durch die Maschen fallen, fallen sehr tief und können auch durch die Jugendarbeit nicht aufgefangen werden.
· Es braucht Freiwilligkeit, ermöglicht Partizipation. Die Leitenden sind verbindlich, beziehungsaufbauend und konstant bleibend über Jahre, beginnend im Oberstufenalter.
· Was beschäftig die Jugendlichen?
· Aktuell: Als Rausch- und Genussmitteln sind vor allem Vape (E-Zigarette) und Schnupftabak, welcher zur regionalen Kultur gehört, präsent.
· Waffen sind im Oberstufenalter nicht oder nur kaum ein Thema. Bei den älteren schon. Im Neckertal gehen einige mit dem Messer aus dem Haus, um cool zu sein, sich männlich zu fühlen oder um sich zu verteidigen.
· Ein Thema der jungen Männer sei es, in St. Gallen ein Messer als Schutzmassnahme mitzuführen, zu Tätern werden, Schaden anrichten, geschädigt werden. Für junge Männer ist es schwierig Plätze zu finden, um das Bedürfnis sich zu messen zu stillen. Es bestehen Unsicherheiten bei den Jugendlichen: was wissen sie, was hören sie und was sind nur Geschichten?
· Es gibt Bilder, die ungesunde Erwartungen schüren, dazu wollen dann eigene Erfahrungen gemacht werden. Man puscht sich auf, um bereit zu sein und wenn diese dann auf andere ebenfalls Aufgeputschte treffen, nimmt die Dynamik ihren Lauf.
· Beim Treffpunkt hinter der Kirche wurden früher schon Messer mitgetragen oder Drogen umgeschlagen.
· Jugendliche haben verschiedene Rollen und sind an unterschiedlichen Orten auch anders im Verhalten. Das Draussen kann für Jugendliche bedrohlich sein, wo sie sich innerhalb der begleiteten Jugendgruppe sicher fühlen.
· Toxische Männlichkeit kann sich in Suchtmittelkonsum und im Rahmen von Beziehungen zeigen. Sie sind ein kulturell geprägter Spiegel der Gesellschaft, bei Jugendlichen kann er sich in pervertierter und zugespitzter Form zeigen.
· Es kann zu Parallelgemeinschaften kommen. Was hier im Dorf nicht so präsent ist, weil doch ein dörfliches Miteinander dominant scheint.· In anderen Gemeinden geht es auch darum, wer mehr Rechte hat hier zu sein und somit bilden sich verschiedene Peergruppen, die gegeneinander antreten.
· Auf den Bildern der MOJUGA sind fast nur Buben zu sehen. Gibt es auch Mädchen / junge Frauen draussen? Mehr junge Männer, vermutlich auch, weil Lukas Galli ein Mann ist, aber auch weil Männer eher draussen unterwegs sind. Es gibt Mädchen und Buben mit tiefgreifenden Problemen, die sich nicht fotografieren lassen wollen.
· Es stellte sich die Frage, warum die Jugendarbeiter nicht zu zweit, ein Mann und eine Frau, unterwegs sind. Dies sei eine Budgetfrage und hier im Dorf sind 30% Stellenprozent bewilligt. Da sei auch eher wenig Zeit für Beziehungsarbeit.
· Eine Mutter berichtet, dass für ihre Kinder nicht klar sei, wann Lukas vor Ort sei. Wie wird informiert? Wäre es sinnvoll dies im Gemeindeblatt zu publizieren, Plakate aufzuhängen oder Agendaeinträge zu tätigen? Vereine machen die Erfahrung, dass es Sinn macht die Jugendlichen nochmals zu erinnern. Beat Stark nimmt das Thema Kommunikation zu sich.
· Jugendliche machen auch Zusagen für die Teilnahme an Angeboten und kommen dann doch nicht. Die Verbindlichkeit fehlt, wie sie heutzutage aber auch bei Erwachsenen abnehme.
· Eine andere Mutter meint, es fehle etwas der Kontakt zu den Eltern. Man könnte die Jugendlichen und sich gegenseitig unterstützen.· Austausch mit der Schule sei aus Datenschutzgründen limitiert.
· Im ehemaligen Jugendraum gab es Probleme mit Lärmemissionen und Gruppenbildungen. Es braucht Erwachsenen die Regeln durchsetzen und Jugendliche wegschicken. Das passt nicht zu bedürfnisorientierter Jugendarbeit. Jugendliche wollen sich den Raum aneignen und das Konzept ist von Erwachsenen gemacht. Jedoch ist es auch schwierig für die Jugendlichen ihre Bedürfnisse wahr zu nehmen und zu formulieren. So ist nicht der Raum, sondern fachliche Unterstützung die Basis der bedürfnisorientierten Jugendarbeit. Durch Beziehung entsteht Bedarf und feste regelmässige Angebote vermitteln Sicherheit.
· Am Postplatz gibt es eine Anlaufstelle im Sinne einer Sprechstunde. Treffmobil.
· Lukas will sich nicht aufdrängen, schaut rein und wenn er sich unerwünscht fühlt, geht er wieder. Jugendliche kommen und testen aus, wer er ist, was läuft. Es braucht Zeit und mehrere Kontakte.
· Die Jugendlichen haben reichlich Zeit und man spüre Freude, wenn die Jugendlichen merken, dass man sich Zeit nimmt und sie Interesse spüren.
· Schön wäre es, wenn bestehende Beziehungen von Erwachsenen zu Jugendlichen auch in die Zeit nach der obligatorischen Schulzeit hinausreichen.
· Die evangelische Kirche, der Blauring, die Jungwacht haben eingerichtete Räume für die Jugendlichen. Die Jugendarbeit ist die Verlängerung der Arbeit mit den Kindern. Diese werden selber zu Leitenden.
· Die evangelische Kirche informiert über ihr Angebot, welches alle 2 Wochen von Jugendlichen für Jugendliche angeboten wird im Flade Blatt und über Instagramm. André Eberle begleitet die Jugendlichen. Das Angebot wird von 4-6 Oberstufenschüler/innen genutzt. André Eberle ist im Gespräch mit dem katholischen Jugendarbeiter, um allenfalls eine gemeinsame Agenda oder Plattform zu organisieren. Es dürfen alle Jugendlichen mitmachen. Die religiöse Zugehörigkeit wirkt bei den Erwachsenen noch stärker. Das Thema verliert zunehmend an Bedeutung.· Am Dienstag, 6. Dezember 2022 findet eine Begehung in und um die evangelische Kirche statt. Das Ziel ist Begegnung und Mitgestaltung als Mehrwert fürs Dorf und nicht nur für die Kirche.
· Jugendliche orientieren sich an den Erwachsenen.
· Es geht um persönliche Beziehungen.
· In Degersheim besteht ein gutes Netz, z.T. weit überdurchschnittlich im Vergleich mit anderen Gemeinden.
· Wünschenswert wäre ein Lokal für Junge. Sie möchten tiefe Gespräche und zeigen sich, wenn Vertrauen da ist. Die Schweigepflicht ist wichtig.
· Schulsozialarbeit leistet gute Arbeit und man arbeitet gut zusammen.
· Im Gemeinderat können gerne Wünsche angebracht werden.
· Freiwilligenarbeit ist so wichtig.
· Gabrielle meint es könne eine Chance sein ohne Raum zu starten. Man könne den Spuren der Jugendlichen nachgehen. Es darf sich entwickeln.
· Eine Anwesende bedankt sich bei allen TeilnehmerInnen für den offenen Austausch und das Engagement aller.
· Nach Beendigung der Runde um 12 Uhr folgen noch anregende Folgegespräche in Kleingruppen. Weitere Zusammenarbeit, Vernetzung und Kommunikation sind im Raum.
Das Tegerscher Platzspröch bedankt sich ebenfalls bei den GesprächsteilnehmerInnen und bei den LeserInnen für ihr Interesse und Engagement!